„Aber schon bald war dieses Produktionsverfahren Standard, und irgendwann hatte es praktisch jede Druckerei im Angebot“, berichtet Jens Becker. „Also machten wir uns erneut auf die Suche nach etwas Neuem, weil das Thema ,Dispersionslack‘ einfach keine interessante Nische mehr für uns darstellte.“ Das Ergebnis dieser Suche verrichtet seit Mitte 2012 seinen Dienst im Drucksaal des 38 Mitarbeiter großen Betriebs: die weltweit erste Speedmaster XL 106-Fünffarben mit Lackierwerk und neuem Trockner DryStar LE UV (Low Energy Ultraviolett). Das Kürzel „LE UV“ steht bei Becker aber nicht nur für die besonders energieeffiziente Härtung der eingesetzten Farben und Lacke, sondern auch für den Markt, den das Druckhaus künftig besetzen will. „Durch den Einstieg in den UV-Druck mit LE -Technologie machen wir einen Riesenschritt nach vorne“, ist Thomas Groth überzeugt. „Denn mit der Inline-Veredelung erhöhen wir unsere Wertschöpfung, während wir zugleich enorme Zeitvorteile für unsere Kunden realisieren. Außerdem bringt uns die neue Technologie auch in Sachen Ökologie und Qualität deutlich nach vorne – das heißt, wir erzielen eigentlich in jeder Hinsicht eine klare Winwin-Situation für alle Beteiligten.“

Mehr Wertschöpfung im eigenen Haus.

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So überzeugend das klingt, so wenig lassen sich diese Vorteile 1:1 auf andere Druckereien übertragen. „Niemand kann eine solche Maschine kaufen und sich erst dann einen Markt dafür suchen“, sagt Jens Becker, der in diesem Punkt längst auf der sicheren Seite ist. Denn das Druckhaus arbeitet überwiegend für renommierte Premiumkunden beispielsweise aus der Automobil-, Uhren- und Schmuckbranche, die sich mit aufwendig veredelten Druckprodukten von ihrer jeweiligen Konkurrenz abheben wollen – und das in zunehmendem Maße. „Wir wussten also, was Sache ist, weil wir seit Jahren zweistellige Wachstumsraten beim UV-Lack beobachten“, fasst Jens Becker seine individuelle Marktanalyse zusammen. Von diesem Wachstum konnte das Druckhaus zuvor allerdings nur teilweise profitieren, denn für alle UV Veredelungen waren bislang externe Partner zuständig. „Unsere neue Maschine versetzt uns in die Lage, die bisher getrennten Produktionsschritte unter unserem Dach zusammenzuführen. Damit holen wir also die komplette Wertschöpfung ins eigene Haus. Zudem vereinfachen wir die Logistik. Wir sparen Transportkosten. Wir haben die Qualität unserer Drucksachen selbst in der Hand. Und wegen der enormen Produktionsgeschwindigkeit sowie der extrem schnellen Trocknung können wir unseren Kunden deutlich verkürzte Lieferzeiten anbieten“, erläutert Thomas Groth. „Unter dem Strich lassen sich dadurch die höheren Kosten für Farben und Lacke mehr als kompensieren.“

Um die Vorteile in der Praxis zu verdeutlichen, verweist Jens Becker auf das Buch eines Uhrenherstellers mit über 250 Seiten, das vom Druckhaus Becker in einer Auflage von 180 000 Exemplaren produziert worden ist. „Früher haben wir das zweischichtig in drei bis vier Wochen gedruckt und dann zu einem externen Dienstleister geschickt, bei dem für die entsprechenden UV-Anwendungen nochmals vier bis fünf Wochen ins Land gingen“, erläutert der Geschäftsführer. „Heute können wir die ersten Bogen schon nach drei oder vier Tagen in die Weiterverarbeitung geben; soll heißen: Mit einem vergleichbaren Druckjob wären wir jetzt gut vier Wochen früher fertig.“ Außerdem, ergänzt Thomas Groth, müsse kein Kunde mehr zweimal zur Abstimmung anreisen (einmal beim Druckhaus Be-cker und einmal beim Veredler). „Was aber noch viel wichtiger ist: Der Kunde muss nicht mehr damit leben, wenn die Lackierung des halbfertigen Druckprodukts zu einer leichten Farbverschiebung geführt hat. Denn infolge der durchgängigen Inhouse- Produktion können wir den Farb- und Lackauftrag jetzt im Vorfeld perfekt aufeinander abstimmen.“

[blockquote class=“alignleft“]„Durch den Einstieg in den UV-Druck mit LE -Technologie machen wir einen Riesenschritt nach vorne.“ thomas groth, geschäftsführer druckhaus becker[/blockquote]

Puderfreie Produktion ohne Passerdifferenzen.

Um zu demonstrieren, welche Möglichkeiten die Speedmaster XL 106 im Zusammenspiel mit DryStar LE UV bietet, legt Jens Becker eine bedruckte Kalenderfolie auf den Tisch. „Das haben wir vierfarbig im Konterdruck produziert. Nach dem Skaladruck kam inline noch Deckweiß hinzu, anschließend vollflächig UV-Lack gegen mechanische Beschädigungen“, erklärt Jens Becker. „Der eigentliche Druck ist dadurch also beidseitig geschützt. Interessant daran ist, wie wir es produziert haben: nämlich inline mit nur einer Lampe ohne Trockner vor dem Gelb.“ Das ist gleich aus mehreren Gründen ungewöhnlich, zumal das Druckhaus Becker auf der neuen Druckmaschine völlig puderfrei arbeitet und beim DryStar LE UV-Trockner nur einen UV-Strahler einsetzt, der im Endtrockner mit lediglich 160 Watt pro Zentimeter arbeitet. Denn im konventionellen UV-Druck wird in der Regel nach jedem Farbaufrag mit der doppelten Energieleistung getrocknet, mindestens jedoch vor dem Gelbautrag, um eine Verschwärzlichung zu verhindern.

„Selbst die Produktverantwortlichen bei Heidelberg waren verblüfft, dass eine LE -Trocknung hier am Ende ausreicht“, so Becker. Einen wesentlichen Beitrag zu dieser Vorgehensweise leisten die vom Druckhaus Becker eingesetzten UV-Farben und -Lacke, die besonders gut auf das schmale Wellenspektrum der UV-Lampen im DryStar reagieren und extrem schnell aushärten. Inline lassen sich damit in Windeseile 96 Glanzpunkte erzielen. Dabei sorgt unter anderem das automatische Farbmess- und Regelsystem Prinect Inpress Control für konstante Qualität selbst bei höchstem Tempo. „Hinzu kommt, dass die Stapeltemperatur höchstens um fünf bis sechs Grad steigt. Das Material dehnt sich nicht aus. Also können wir ohne Passerprobleme sofort weiterarbeiten“, erklärt Thomas Groth. Seine Kunden profitieren aber nicht nur von einer sicht- und spürbar besseren Qualität bei kürzeren Lieferzeiten, sondern auch von einem besseren Handling z. B. bei späteren Personalisierungen, weil dabei die Walzen und Laser nicht mehr von Puder befreit werden müssen.

UV wird grün.

Ganz besonders freuen sich Jens Becker und Thomas Groth darüber, dass ihr Einstieg in den emissionsarmen und energieminimierten UV-Druck ideal zu den ökologischen Ambitionen ihres Unternehmens passt. „Der konventionelle UV-Druck wäre für uns nicht infrage gekommen“, sagt Jens Becker. Die neue Technologie passt dagegen genau ins Konzept. So ist die Speedmaster XL 106 klimaneutral gestellt, wofür 237 Tonnen CO² kompensiert wurden. Im Vergleich zum konventionellen UV-Druck mit Offline-Veredelung spart das Druckhaus Becker mit Inline-Veredelung und LE – Trocknung zudem mehr als 60 Prozent Energie und damit auch über 60 Prozent CO². Darüber hinaus entstehen keine Emissionen im Drucksaal, weil völlig puderfrei gearbeitet wird und bei der Trocknung kein Ozon entsteht, denn diese erfolgt in einem stark begrenzten UV-Wellenspektrum.

„Als wir unseren Mitarbeitern sagten, dass wir in den UV-Druck einsteigen, waren sie zunächst nicht sehr angetan von dieser Idee“, sagt Jens Becker. „Jetzt wollen die Drucker gar nicht mehr weg von der Maschine, weil sie wirklich eine saubere Sache ist“. Ab und zu müssen sie aber, denn nach wie vor wird im Druckkaus auch auf einer Speedmaster XL 105 mit Dispersionslack produziert. Auch die neue Speedmaster XL 106 ist so ausgestattet, dass sie über den installierten Doppellackkreislauf mit Dispersionslack arbeiten könnte. „Das war uns wichtig, damit wir auf der sicheren Seite sind, wenn sich der Markt entgegen unseren Erwartungen doch nicht so gut entwickeln sollte. Im Moment sieht es aber ganz und gar nicht danach aus: Wir haben so viele UVAufträge, dass sogar unsere XL 105 ausgelastet wäre, wenn sie UV drucken könnte“, sagt Thomas Groth.